Auswirkungen des Klimawandels auf den Winter- und Bergsport
Das Expertenforum „Klima.Sport.Schnee“ (14 Klima- und Sportforschungseinrichtungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz) veröffentlichte den aktuellen Forschungsstand zum Thema „Perspektiven des Winter- und Bergsports im Zeichen globalen Klimawandels“. Das Ziel ist, eine Basis für eine sachliche Diskussion zu schaffen, damit für Natur, Mensch und Wirtschaft langfristig optimale Maßnahmen getroffen werden können.
2019 und 2022 veröffentlichte das Expertenforum „Klima.Sport.Schnee“ die ersten beiden Positionspapiere. Für das soeben erschienene dritte Positionspapier arbeiteten die Fachleute die neuesten Erkenntnisse der Forschung ein und erweiterten den Themenbereich vom Wintersport auch auf den Bergsport im Sommerhalbjahr. Außerdem wurden Wissensdefizite und Handlungsansätze zusammengefasst.
Die GeoSphere Austria ist im Expertenforum „Klima.Sport.Schnee“ durch Marc Olefs vertreten, Leiter der Abteilung Klima-Folgen-Forschung.
Das Klima hat sich in den letzten Jahrzehnten deutlich erwärmt. Nach neuesten Berechnungsmethoden beträgt die mittlere Erwärmung seit vorindustrieller Zeit bis Ende 2024 in Deutschland 2,5 °C, in Österreich 3,1 °C und in der Schweiz 2,9 °C.
Die Fachleute des Expertenforums „Klima.Sport.Schnee“ sind sich in ihrer Erwartung einig, dass trotz in Umsetzung befindlicher globaler Klimaschutzmaßnahmen, die Jahresmitteltemperatur im D-A-CH-Raum bis zum Ende des Jahrhunderts um mindestens weitere 2 °C steigt.
Der aufgrund weiter steigender Treibhausgasemissionen hervorgerufene langfristige Klimatrend wird deutlich von der natürlichen Klimavariabilität überlagert. Vor allem auf kurzen (von Jahr zu Jahr) und mittleren (20 bis 30 Jahre) Zeitskalen können diese zum Teil markanten Schwankungen den langfristigen Trend regional sowohl verstärken als auch abschwächen.
„Die Erwärmung wirkt sich deutlich auf die Winter aus“, sagt Marc Olefs, an der GeoSphere Austria Leiter der Abteilung Klima-Folgen-Forschung, „die für den Schneesport geeignete natürliche Schneedecke geht langfristig besonders in tiefen und mittleren Lagen, bis etwa 1500 Meter Seehöhe, weiter zurück. Durch die Erwärmung ändern sich auch die meteorologischen Rahmenbedingungen für die technische Schneeerzeugung. Die potenziellen Beschneizeiten werden weniger und der Bedarf an Wasser und Energie nimmt zu.“
Beim Winterniederschlag ist die natürliche Variabilität besonders hoch und es lassen sich vielerorts bisher keine klaren Trends beobachten. In den aktuellen Klimaszenarien zeigen sich aber robuste Signale hinsichtlich einer Erhöhung der Winterniederschläge im Alpenraum und der Intensivierung kurzzeitiger Niederschlagsextreme. Jedoch ist in tiefen und mittlere Lagen mit einem weiteren Rückgang des Schneefalls zu rechnen, da Niederschlag aufgrund der höheren Temperaturen vermehrt als Regen anstelle von Schnee fällt.
In den Übergangsjahreszeiten Frühling und Herbst trägt der Klimawandel zu einer Saisonverlängerung vieler Outdooraktivitäten bei, wie Wandern, Radfahren, Baden, Wassersport und Golf. Im Sommer steigt allerdings auch die Belastung durch die steigenden Temperaturen.
Was den Regen betrifft, gibt es zwei Entwicklungen:
„Klimaszenarien zeigen für den Alpenraum eine Tendenz zu geringeren Niederschlagsmengen über das gesamte Sommerhalbjahr gesehen. In Verbindung mit der erhöhten Verdunstungsraten infolge steigender Temperaturen führt das zu einer Intensivierung sommerlicher Trockenheitsepisoden“, erklärt Klimaforscher Marc Olefs von der GeoSphere Austria, „gleichzeitig ist aber zu erwarten, dass sich kleinräumige und kurzzeitige Starkniederschläge im Sommerhalbjahr weiterhin intensivieren und in ihrer Häufigkeit zunehmen. Dies kann unter anderem zu einer Häufung weiterer alpiner Naturgefahren wie Murenabgängen und Hangrutschungen führen, mit Auswirkungen auf die alpinen Wegenetze und sonstige Infrastruktur.“
Das Team des Expertenforums „Klima.Sport.Schnee“ listet im neuen Positionspapier auch Bereiche mit Unsicherheiten und Forschungsbedarf auf.
Einige Beispiele:
- Es mehren sich Hinweise auf eine Zunahme langlebiger Wetterlagen durch veränderte atmosphärische Zirkulation. Doch viele zugrundeliegende Mechanismen sind noch unzureichend verstanden.
- Während Temperaturprognosen relativ sicher sind, bestehen große Unsicherheiten bei der Niederschlagsentwicklung. Verbesserte Daten sind dringend nötig, unter anderem durch neue Messmethoden und mehr Messstationen in höheren Lagen.
- Abrupte Änderungen von Komponenten des Klimasystems, wie der atlantischen Umwälzzirkulation (AMOC), stellen im Zuge des fortschreitenden Klimawandels ein ernstzunehmendes Risiko dar. Das Prozessverständnis und die Zeitskalen solcher Kipppunkte müssen noch vertieft erforscht werden.
- Lokale Phänomene wie Temperaturinversionen und das Absinken der Schneefallgrenze in Tälern sollten detaillierter untersucht werden, da sie die Schneedecke stark beeinflussen können.
„Der Klimawandel stellt eine große Herausforderung dar. Es liegt im langfristigen Interesse des Winter- und Bergsports, dass Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Resilienzsteigerung auf allen Ebenen und synergetisch gefördert werden“, sagt der Initiator des Expertenforums Klima.Sport.Schnee Ralf Roth, vom Institut für Outdoor Sport und Umweltforschung der Deutschen Sporthochschule Köln, „unser Ansatz löst sich so vom kurzfristigen Denken und Planen und ist Ausdruck einer Verantwortung für kommende Sport- und Tourismusgenerationen. Die gesamte Branche – Seilbahnbetreiber, sporttouristische Unternehmen, Winter- und Bergsportverbände, Sportartikelindustrie, Sportfachhandel und Destinationen mit ihren Gästen – ist deshalb angehalten, sich aktiv an der gesamtgesellschaftlichen Herausforderung Klimawandel mit entsprechenden Maßnahmen zur Minderung der Treibhausgasemissionen und zur Anpassung an die Folgewirkungen zu beteiligen.“